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Buchbesprechung: Lian Hearn "Der Glanz des Mondes"

Cover HearnLesealter 16+(Carlsen-Verlag 2005, 485 Seiten)

Sehnsüchtig habe ich auf dieses Buch gewartet, das die Otori-Trilogie von Lian Hearn abschließt. Im Einjahresabstand hat der Carlsen-Verlag die drei Bände herausgebracht und die ersten beiden Teile („Das Schwert in der Stille“ und „Der Pfad im Schnee„) zählten meiner Meinung nach zu den besten Jugendbüchern im Jahr 2003 bzw. 2004. Mehr als gespannt war ich also auf den Abschluss der Geschichte, die im feudalen Japan spielt, bei der aber auch leichte Fantasy-Elemente enthalten sind.
Wie schon bei den ersten beiden Bänden – das sei schon vorab erwähnt – ist es schwer, den Inhalt des Buches zusammenzufassen. Aber das soll mich nicht davon abhalten, es trotzdem zu tun…

Inhalt:

Takeo, der inzwischen den Titel seines verstorbenen Vaters angenommen hat und sich Lord Otori nennt, hat sich nach der schwierigen Flucht in Band 2 in den Tempel von Terayama zurückgezogen. Dort versucht er mit seinen Vertrauten sowie seiner Frau Kaede Kraft zu sammeln, außerdem stellt er ein kleines Heer zusammen, denn er weiß, dass er bald wieder in Kämpfe verwickelt sein wird. Die Prophezeiung einer Wahrsagerin, dass er fünf Schlachten zu führen hat, davon vier gewinnt und eine verliert, und dass er dann Frieden über das Land bringen wird, ist ihm einerseits ein Ansporn, andererseits wegen der großen Verantwortung aber auch eine Last. Am liebsten würde er sich ihr entziehen, doch vertrauen ihm inzwischen sehr viele Menschen, die darauf hoffen, dass er den vielen Kämpfen und Kriegen ein Ende setzen kann.
Es dauert nicht lange, bis Takeo erfährt, dass er, sobald er den Tempel verlassen wird, von einer großen Armee von Otori-Soldaten angegriffen werden soll. Offiziell haben die meisten Otori-Clans nämlich Takeo nie als rechtmäßigen Erben seines Vaters anerkannt. Um den Kämpfen mit der Otori-Armee zu entgehen, beschließt Takeo mit seinen Soldaten Hals über Kopf sofort über einen nicht ganz ungefährlichen Gebirgspass aufzubrechen. Doch auch dieser Weg ist nicht ohne Gefahren, zumal der Stamm (eine Art Geheimbund mit besonderen kämpferischen Fähigkeiten) beschlossen hat, Takeo zu töten. Bisher konnte Takeo diesen Attentaten jedoch immer entgehen…
Nicht nur die Otori-Clans und der Stamm verfolgen jedoch Takeo. Lord Arai, der einflussreichste Herrscher über das Land, will Takeo ebenfalls besiegen – auch Arais Truppen sammeln sich, um Takeos Armee zu vernichten. Takeo weiß, dass es bald zu großen Schlachten kommen wird, eine Gedanke, der ihm unangenehm ist, da er eigentlich kein Krieger ist – doch das Schicksal lässt ihm keine andere Wahl…

Bewertung:

Wie schon in den beiden ersten Bänden entfaltet Lian Hearns Roman „Der Glanz des Mondes“ seinen besonderen Reiz, indem der Leser von der Geschichte gefesselt und während des Lesens in eine ihm fremde Welt, nämlich in das feudale Japan, versetzt wird. Mit dem dritten Band der Otori-Trilogie wird jedoch auch klar, dass Lian Hearns Bücher eigentlich keine typischen Jugendbücher sind. Noch deutlich mehr als in den ersten beiden Otori-Büchern spielen im dritten Band Gewalt und kriegerische Auseinandersetzungen eine Rolle. Und dabei wird nicht zimperlich mit diesen Dingen umgegangen – mehrmals werden in Kämpfen die Köpfe von Gegnern mit einem Schwert gespalten, werden Menschen auf grausame Art und Weise hingerichtet etc. Mir war das in Teilen des Buches schon etwas zu viel des Guten – gleichwohl mir bewusst ist, dass das feudale Japan (man kennt ja die japanische Krieger-Ideologie aus verschiedenen Filmen) eine Gesellschaft bildete, in der Kampf und Krieger-Ehre eine zentrale Rolle spielten und in der Grausamkeit normal war.
Dennoch: Seine Stärken hat „Der Glanz des Mondes“ eher an den Stellen, an denen es nicht um kriegerische Auseinandersetzungen geht, sondern um Lebensschicksale, um Takeos Liebe zu Kaede oder um Intrigen und Verhandlungen zwischen den verschiedene Parteien. Trotz all der Gewalt versucht das Buch letztendlich aufzuzeigen, dass der Mensch auch inmitten von Gewalt und Macht, durchhalten und weiterhin für die Menschlichkeit eintreten sollte. Dass dies jedoch nicht allen gelingt, wird u.a. an Lord Arai deutlich, der sich zu einem hinterhältigen Herrscher entwickelt.

Fazit:

4 von 5 Punkten. n zu einer der besten Trilogien, die ich gelesen habe. Als Gesamtwerk hat Lian Hearns Trilogie sicherlich fünf Punkte verdient. Doch kann meiner Meinung nach Band 3 nicht ganz mit den beiden Vorgänger-Bänden mithalten – zu sehr dominieren Gewalt und Kämpfe das Geschehen, die erzählerischen Stärken der früheren Bände treten dadurch etwas in den Hintergrund. Dementsprechend würde ich die Otori-Trilogie auch erst Jugendlichen ab 16 Jahren empfehlen…
Letztendlich macht der dritte Band der Japan-Trilogie klar, dass die Otori-Bücher eigentlich keine Jugendbücher sind. Lian Hearn scheint dies selbst auch so zu sehen, denn eigentlich heißt die australische Schriftstellerin Gillian Rubinstein und ist eine bekannte Kinderbuchautorin. Das Pseudonym hat sie sich angeblich (vgl. hier) zugelegt, damit die Otori-Bücher als erste Erwachsenenbücher nicht mit ihren Kinderbüchern verglichen werden…
Bleibt abschließend noch einmal zu sagen, dass die Otori-Trilogie insgesamt dennoch sehr empfehlenswert ist – vorausgesetzt, man ist nicht zartbesaitet und erträgt in Büchern einiges an Gewalt und Kämpfen.

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(Ulf Cronenberg, 21.05.2005)

Wer übrigens auf Englisch noch ein bisschen mehr über Lian Hearn und das Schreiben der Otori-Trilogie lesen will, findet hier ein kleines Interview mit der Autorin.
Außerdem befand sich in der ZEIT vom 19.05.2005 ein Artikel über Lian Hearn, der einiges Interessante über die Autorin verrät – u.a. auch, dass es anscheinend noch zwei weitere Bände geben soll. Zu dem ZEIT-Artikel geht es hier.


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