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Buchbesprechung: C Z Nightingale "Ich hab dich gesehn"

Cover NightingaleLesealter 14+(Sauerländer-Verlag 2005, 208 Seiten)

„Ich hab dich gesehn“ ist das erste Buch von C Z Nightingale, die mit vollem Namen Camilla Nightingale heißt. Die Autorin arbeitet als Lehrerin im Londoner East End, dem Stadtteil von London, in dem auch ihr Buch spielt. Mehr ist über die Autorin eigentlich nicht bekannt…
Nightingale hat für ihr Buch immerhin großes Lob von einem prominenten Kollegen bekommen – es wurde durch Melvin Burgess‘ Kommentar, dass das Buch „packend und kompromisslos“ sei, geadelt. Das klingt zumindest viel versprechend…

Inhalt:

Das Londoner East End ist ein besonders heißes Pflaster. Der hohe Ausländerausteil führt dazu, dass sich dort viele Kämpfe zwischen rassistischen Engländern und Ausländern abspielen.
Caryn, die 16 Jahre alt ist, wird unfreuwillig Zeuge einer ausländerfeindlichen Tat. Als sie eine Straße entlanggeht, bemerkt sie, dass eine Gruppe von älteren Jugendlichen um einen ausländischen Jungen herumsteht und ihn zusammenschlägt. Jeder andere im East End hätte an ihrer Stelle kehrtgemacht und so getan, als hätte er/sie nichts gesehen. Und so richtig weiß Caryn auch nicht, was in sie fährt, als sie sich schließlich umdreht, um die Szene genauer zu beobachten. Sie bricht damit ein ungeschriebenes Gesetz im East End: dass man sich aus den Angelegenheiten anderer heraushalten sollte. Caryn sieht, wie auf den ausländischen Junge mit einem Baseballschläger eingeprügelt wird und wie schließlich einer der Angreifer mit beiden Füßen auf den Kopf des am Boden liegenden Jungen springt. Reglos bleibt der ausländische Junge blutend am Boden liegen. Zugleich bemerkt Caryn, dass auch sie beobachtet und kurz darauf verfolgt wird – denn sie hat etwas gesehen, was man nicht sehen darf.
Nur durch ein waghalsiges Manöver gelingt Caryn die Flucht, doch als sie sich kurz darauf sicher fühlt und durch die Straßen geht, kommt ihr ein weißer Transit-Bus entgegen – sie erkennt darin den Anführer der Jugendlichen, der durch sein Starren deutlich macht, dass er Caryn wiedererkennt. Caryn ist geschockt und fürchtet das Schlimmste für ihr Leben. Doch es bleibt die nächsten Tage ruhig.
Als der ausländische Junge jedoch an seinen Verletzungen stirbt, melden sich auch die Täter bei Caryn zurück: Sie findet in ihrem Briefkasten einen toten Vogel mit der eindeutigen Botschaft, dass sie fertig gemacht würde, sollte sie nicht dichthalten.

Bewertung:

„Ich hab dich gesehen“ ist in der Tat ein – wie es Melvin Burgess ausdrückt – „packendes“ Buch. Von der ersten Seite an war ich in den Bann der Geschichte gezogen, was nicht nur an der Handlung, sondern vor allem auch am dem Schreibstil des Buches liegt. C Z Nightingale gelingt es, die Geschichte sehr intensiv aus der Perspektive Caryns zu erzählen. Es ist gerade der Beginn des Buches, der einen fest an die Geschichte bindet: Man steigt als Leser genau in dem Moment in die Geschichte ein, als Caryn hin- und hergerissen ist, ob sie ihren Weg an den jugendlichen Tätern vorbei fortsetzen oder besser umdrehen und wegschauen soll. Wie hier Caryns widerstreitende Gefühle und Gedanken dargestellt werden, treibt den Leser in das Netz der Geschichte hinein. Auch wenn das Buch im Folgenden an einigen Stellen etwas an Spannung verliert, so bleibt das Erzählte im Großen und Ganzen sehr intensiv.
Neben der Haupthandlung um den getöteten Ausländer, gibt es noch einen zweiten Handlungsstrang, nämlich Caryns beginnende Beziehung mit Craig, einem wortkargen und manchmal unverständlich handelnden Jungen. Es ist dieser Nebenhandlung zu verdanken, dass das Buch auch über den fulminanten Anfang hinaus spannend und einfühlsam bleibt – das Thema der Ausländerfeindlichkeit allein wäre für dieses Buch zu eindimensional gewesen.

Fazit:

5 von 5 Punkten. C Z Nightingale ist mit „Ich hab dich gesehen“ ein spannender Erstlingsroman gelungen, der das Thema Ausländerfeindlichkeit/Rassismus ohne moralischen Zeigefinger behandelt. Das große Plus an dem Buch ist seine intensive Schilderung der Gefühle und Gedanken Caryns sowie die Glaubwürdigkeit, mit der C Z Nightingale alles erzählt. Dass die Spannung nach dem Höhepunkt gleich am Anfang des Buches ab und zu etwas abfällt, mag eine kleine Schwäche des Buches sein – ingesamt bleibt „Ich hab dich gesehn“ jedoch ein gelungenes Buch, das man Jugendlichen ab 14 Jahren empfehlen kann.

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(Ulf Cronenberg, 02.07.2005)

Lektüretipp für Lehrer!

Ein Buch, das sich für die Besprechung in der Schule anbietet, wenn man die Probleme Ausländerfeindlichkeit / Rassismus thematisieren will. Ein 16-jähriges Mädchen wird in dem Buch Zeuge einer ausländerfeindlichen Tat, bei der ein pakistanischer Junge von einer Gruppe Jugendlicher lebensgefährlich verletzt wird. Das Buch, das im Londoner East End spielt, geht dabei sehr genau auf den Zwiespalt des Mädchens ein, das einerseits vor der Polizei aussagen möchte, andererseits aber eine große, nicht unbegründete Angst vor den Tätern hat.
Neben dieser Thematik, die sehr eindrücklich beschrieben wird, geht es in dem Buch auch ums Verliebtsein (und daraus entstehenden Enttäuschungen), da sich die weibliche Hauptperson in einen Jungen verliebt, der sich letztendlich als jemand anderer als der idealisierte Junge entpuppt.

Kommentare (0)

  1. Gemein Veronika

    Ich fand das gut – die Buchbesprechung hat mir geholfen, meinen Buchvortrag zu halten. Danke, danke, danke.

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  2. der Jo

    Ich schreibe morgen meine Deutschprüfung über dieses Buch (11. Klasse Berufsschule). Ich muss sagen, ich hasse dieses Buch, da ich es einfach nicht interessant finde.
    Na ja, ich lese auch nicht viel …

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