(Rowohlt Taschenbuch Verlag 2004, 295 Seiten)
Auch wenn Wieland Freund schon einige Preise bekommen hat – ich kannte den Kinder- und Jugendbuchautor aus der Nähe von München bisher nicht.
Laut Rowohlt-Verlag ist „Gespensterlied“ das erste Kinder- und Jugendbuch, das es in die SWR-Bestenliste – und zwar im Oktober 2004 – geschafft hat. Nun, ob das mit dem „ersten Kinder- und Jugendbuch“ stimmt, kann und will ich nicht überprüfen… Aber immerhin ist das doch schon mal ein Grund, einen neuen Autor kennen zu lernen und das Buch zu lesen. Auf geht’s!
Inhalt:
Malte wohnt mit seinen Eltern im „Grünen Frosch“ (so heißt das Wirtshaus, das seine Eltern betreiben) und führt kein allzu aufregendes Leben. Doch eines Tages passiert etwas Ungewöhnliches: Beim Nachbarn Feldeisen, einem Friedhofswärter, der einen privaten Friedhof hinter seinem Haus pflegt, kommt Familie von Quast zusammen, um Thassilo von Quast zu beerdigen. Für den Leichenschmaus und die Übernachtung hat sich die Großfamilie im „Grünen Frosch“ einquartiert.
Nachdem Malte die geheimnisvolle Beerdigung von seinem Zimmerfenster aus verfolgt hat – Feldeisen lässt den Sarg völlig pietätlos (also respektlos) in das geschaufelte Grab fallen -, kommt die Gesellschaft in die Wirtsstube. Malte versucht ein wenig, die Gäste zu belauschen, wird dabei jedoch auf dem Klo von Gottfried, einem Jungen, der etwas älter als er selbst ist, entdeckt. Die beiden beäugen sich erst kritisch, doch schon bald freunden sie sich an. Gottfried erzählt Malte unter anderem, dass auch seiner Meinung nach bei Feldeisen und auf dem Friedhof nicht alles mit rechten Dingen zuginge. Obwohl Malte sich erst sträubt, beschließen die beiden, sich um Mitternacht in Maltes Zimmer zu treffen und dann den Friedhof genauer unter die Lupe zu nehmen.
Der nächtliche Friedhofsbesuch verläuft zunächst ruhig, doch dann hören sie eine unheimliche Stimme und ein seltsames Wesen, das sich mehrmals verwandelt, stellt sich ihnen in den Weg und spricht geheimnisvolle Sätze. Außerdem hinterlässt das Wesen einen Stuhl, den Malte und Gottfried mühsam über die Friedhofmauer schleppen.
Nachdem sie den Stuhl in Maltes Zimmer genauer untersucht haben, bemerken sie, dass es sich bei ihm um eine Zeitmaschine handelt – außerdem wird beiden klar, dass auf Gottfrieds Familie ein Fluch liegen muss, der die Familienmitglieder frühzeitig sterben lässt. Nach einem heimlichen Besuch in des eben verstorbenen Onkel Thassilos Wohnung kommen sie zu dem Schluss, dass der Schlüssel für diesen Fluch in der Vergangenheit liegen muss – und als sie bemerken, dass Feldeisen sie verfolgt hat, flüchten sie Hals über Kopf mit dem Zeitmaschinenstuhl in die Vergangenheit nach Weimar in die Zeit Goethes, um dort einen früheren Verwandten von Gottfried nach dem Fluch zu befragen…
Bewertung:
„Gespensterlied“ ist zwar keine richtige Gespenstergeschichte, doch das ein oder andere Gruselige, Gespensterhafte passiert schon- zum Beispiel die oben erwähnte Erscheinung eines seltsamen Wesens auf dem Friedhof, das seine Gestalt verändern kann. Zugleich ist Wieland Freunds Buch eine Geschichte über Zeitreisen – ohne dass dieses Thema jedoch im Mittelpunkt steht. Die Zeitmaschine ist eher eine Dreingabe, um Feldeisen und dem Fluch auf die Schliche zu kommen… Gleichzeitig erfährt man jedoch Interessantes über das Leben in früheren Zeiten, wenn Gottfried und Malte (Letzterer übrigens in Jeans und T-Shirt) dort nicht wenige Schwierigkeiten meistern müssen.
Die Spannung in dem Buch hält sich – ich meine das überwiegend positiv – ingesamt in Grenzen: Man muss nicht fürchten, dass man die nächsten Nächte in Albträumen versinkt. Sie ist vielmehr wohl dosiert – so dass man ab der guten Hälfte des Buches einfach wissen will, wie die Geschichte ausgeht. Zuvor braucht das Buch etwas, um in Fahrt zu kommen…
Fazit:
4-einhalb von 5 Punkten. Wieland Freund hat ein nette unheimliche Geschichte geschrieben, der noch das i-Tüpfelchen fehlt, um die volle Punktzahl zu bekommen. Die Zeitreise mit Malte und Gottfried ist gut erzählt, insgesamt spannend aufgebaut, doch eine Kleinigkeit fehlt mir persönlich einfach: Ich konnte nicht so richtig in dem Buch abtauchen… Woran das lag? Schwierig zu sagen: Ich blieb beim Lesen einfach immer ein Stück weit draußen stehen.
Aber ihr solltet mich vielleicht nicht zu ernst nehmen: Das ist die kleinkarierte Kritik eines pingeligen Erwachsenen, der schon zu viel gelesen hat und deswegen besonders anspruchsvoll ist. 9- und 10-jährige Leseratten – egal ob Mädchen oder Jungen (auch wenn die Hauptpersonen im Buch nur Jungen sind) – werden sicher trotzdem Gefallen an diesem Buch finden.
(Ulf Cronenberg, 27.12.2004)
Lektüretipp für Lehrer!
Nette Geschichte über einen Fluch, der auf einer Familie lastet – mit leichten Gruselelementen, die jedoch nicht allzu stark sind. Zwei Jungen wollen den Fluch aufheben und reisen dafür mit einer Zeitmaschine in die Zeit Goethes und ins Mittelalter. Das Buch bietet damit Anknüpfungspunkte an das Fach Geschichte oder an Goethes Gedichte. Am ehesten für das erste Halbjahr der 5. Klasse geeignet!
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