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Buchbesprechung: Thomas Feibel "Black Mail"

Cover FeibelLesealter 14+(Sauerländer Verlag 2004, 242 Seiten)

Thomas Feibel ist wohl der bekannteste deutsche Journalist im Bereich Computerspiele – kein Wunder also, dass seine Jugendbücher auch etwas mit Computern zu tun haben (sein letztes Buch „Play zone“ habe ich übrigens auch schon, und zwar hier, rezensiert). In seinem neuestem Buch geht es jedoch eher um eine Mischung aus Computerkriminalität und Rockmusik – eine für Jugendliche, aber auch für mich viel versprechende Melange (s.u.)… Bleibt zu hoffen, dass die Themen auch in eine spannende Geschichte gepackt wurden.


(Eine Melange ist übrigens entweder ein österreichischer Milchkaffee oder ein Fremdwort, das so viel wie „Mischung“/ „Gemisch“ heißt. Das Wort wird französisch ausgesprochen.)

Inhalt:

Der 17-jährige Johnny, der eigentlich Jonathan Mallak heißt, ist – wie er selbst von sich sagt – der größte Darlis-Diller-Fan aller Zeiten. Sein großes Idol, der Rockmusiker Darlis Diller, wäre bei einem Flugzeugabsturz fast ums Leben gekommen – von seiner Band, den Dead Dandies, überlebten nur er und der Gitarrist Dwayne the Pain. Nach Jahren in tiefer Depression und mit Drogenexzessen greift Darlis Diller jedoch wieder zum Mikrofon und macht eine kleine Deutschland-Tournee, auf der Johnny natürlich nicht fehlen darf. Doch um zu den drei Darlis-Diller-Konzerten reisen zu können, muss Johnny zunächst einmal seine Eltern, aber auch seine Internatslehrer hinters Licht führen, sich außerdem von seinem Zimmergenossen Réné Geld für die Reise leihen.
Doch schon beim ersten Konzert geht alles schief. Ein hilfsbereiter junger Mann bietet Johnny an, in seinem Zelt schlafen zu können, doch als Johnny kurz vor dem Konzert aufwacht, ist seine ganze Habe geklaut – darunter seine wertvolle Gitarre, aber auch das geliehene Geld. Wenigstens hilft ihm Pola, in deren Zelt ihn der junge Mann ohne ihr Wissen gelockt hatte, weiter und bietet ihm eine Schlafgelegenheit an.
Noch im Internat hatte Johnny eine seltsame E-Mail in einer fremden Sprache bekommen, die er auf Englisch mit dem Hinweis, die E-Mail sei wohl an den falschen Adressaten geschickt worden, beantwortet hat. In Schweden werden derweil drei Männer nervös, weil einer von ihnen aus Versehen diese wichtige Mail an Johnny geschickt hatte. Die Schweden befürchten nun, dass die E-Mail Aufschluss über die Absender geben könnte, die seit längerer Zeit Firmen und Banken erpressen und einen großen Coup planen. Zwei der schwedischen Männer planen nun nach Deutschland zu fahren, um den unbekannten Mailempfänger, also Johnny, umzubringen… Johnny ahnt jedoch nichts von der Gefahr. Und Pola, die sich für Johnny interessiert, wird in die Geschichte mit hineingezogen.

Bewertung:

„Black Mail“ hat mich von Anfang an gefesselt, was unter anderem an dem erfrischenden und besonders gelungenen Buchanfang (dem „Prolog“) liegt. Darin wird beschrieben, wie es zu dem Flugzeugabsturz von Darlis Diller and the Dead Dandies vor 7 Jahren gekommen war. Noch nie habe ich eine so witzig-ernste und skurrile Beschreibung des absurden Rockmusikerlebens gelesen – alleine diese fünf Seiten sind das Buch wert!
Doch auch im weiteren Verlauf des Buches geht es rasant weiter, so dass dem Leser nicht langweilig wird: Schwedische Killer haben es auf einen unschuldigen Jungen abgesehen, die Polizei sucht Johnny wegen eines Mordes, ein Rockmusiker wehrt sich gegen einen Plattenfirmaboss und hat aufgrund seiner früheren Drogensucht Halluzinationen – und so weiter und so fort… Immer wieder wird die Geschichte aus einer anderen Perspektive erzählt, bis am Ende alle Handlungsteile zusammenkommen. Das ist alles kunstvoll komponiert und erinnert an ein MTV-Rockvideo mit vielen Kameraschnitten.

Fazit:

5 von 5 Punkten. „Black Mail“ ist kein Jugendbuch für die Ewigkeit (also ein Buch, dass man in 20 Jahren mal wieder in die Hand nimmt und zum zweiten oder dritten Mal voller Begeisterung liest), sondern eher eines für die Gegenwart – und das ist nicht negativ gemeint. Temporeich geschrieben trifft es das Lebensgefühl sicherlich vieler Jugendlicher – gerade Rockmusik hörende Lesemuffel ab 14 Jahren sollten es mit Thomas Feibels Buch mal versuchen. Man merkt einfach, dass da jemand am Werk war, der selbst Rockmusik liebt und sich mit Computern beschäftigt, der selbst, obwohl er mit dem Geburtsjahr 1962 schon eher zur „älteren“ Generation* gehört , noch jung und neugierig geblieben ist. Und am Ende des Buches bekommt man das auch bestätigt; denn Thomas Feibel zählt auf, welche Rockmusik er in „voller Lautstärke“ während des Schreibens des Buchs gehört hat… Da finden sich so einige Musiker und Bands, die Jugendliche auch heute (noch) hören.
Schön, dass es auch noch so junge Erwachsene gibt, die noch dazu gute Bücher schreiben!

*(Sorry, Herr Feibel! Als kleiner Trost: Der Verfasser dieser Zeilen ist nicht wesentlich jünger…)

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(Ulf Cronenberg, 04.07.2004)

Lektüretipp für Lehrer!

Mit diesem Buch könnte man sogar männliche Lesemuffel einer Mittelstufenklasse zum Lesen bringen, denn es geht um Computer, um Rockmusik und um die Liebe zu einem Mädchen. Das Buch ist spannend, gut erzählt (selten habe ich eine so virtuosen und witzigen Buchanfang gelesen) und hat eine Rahmenhandlung fast wie ein Krimi. Nichts für Lehrer, die mit aktuellen Jugendthemen nichts anfangen können. Ein Buch für reife 8. Klassen.

Übrigens: Mehr Infos zu Thomas Feibel findet ihr auf seiner Homepage:
http://www.feibel.de.


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