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Buchbesprechung: Mats Wahl "Kaltes Schweigen"

Cover WahlLesealter 14+(Hanser-Verlag 2004, 265 Seiten)

Ich war schon immer ein großer Fan von Mats Wahl (zumindest von den meisten seiner Bücher, es gibt auch einige weniger gelungene) und habe, glaube ich, alle seine Jugendbücher gelesen. „Winterbucht“, für das der Autor 1996 (huch, ist das ist schon wieder lange her) den Deutschen Jugendliteraturpreis bekommen hat, war dabei das erste Buch, das ich verschlungen habe und das mir sehr gut gefallen hat.
„Kaltes Schweigen“ ist ein Krimi, in dem wieder Kommissar Fors, der schon in „Der Unsichtbare“ nach den Tätern gesucht hat, ermittelt. Nun, schwedische Krimis sind „in“ – ob Mats Wahl den hohen Standard, den Mankell, Nesser und Edwardson (um nur drei bekannte schwedische Krimiautoren zu nennen) vorgeben, halten kann?

Inhalt:

Ahmed Sirr, ein Jugendlicher ausländischer Eltern, ist spurlos verschwunden, obwohl er eigentlich nur mal kurz in der Imbissbude gegenüber eine Cola holen wollte. Doch Ahmed, der von allen nur „Sirr“ genannt wird, taucht nicht wieder auf, weswegen Kommissar Fors Nachforschungen – u.a. bei Sirrs Freund Jamal – anstellt. Doch Jamal will mit der Polizei nichts zu tun haben und ist einsilbig, obwohl er mehr zu wissen scheint.
Schon bald bewahrheitet sich die Befürchtung, dass Sirr etwas zugestoßen sein könnte: Ein Orientierungsläufer findet im Wald in der Nähe einer Scheune einen toten Jugendlichen – und die Polizei stellt fest, dass es Sirr ist, der da erschossen und mit herunter gezogener Hose im Schnee liegt. Doch Spuren sind am Tatort keine zu finden, weswegen Kommissar Fors sich mit seinen Kollegen (darunter auch zwei Kolleginnen: Carin und Gunilla) ein Bild von Sirr und seinen Freunden zu machen versucht.
Einfach gestaltet sich das jedoch nicht, denn niemand will über Sirr Aussagen machen – alle scheinen Angst zu haben. Nach und nach wird klar, dass Sirr anscheinend mit Drogen gehandelt hat und seine Mitschüler am Gymnasium terrorisiert hat. Doch die Suche nach den Motiven und nach dem Täter gestaltet sich weiterhin schwierig – auch als neben dem Drogenmotiv eine weiterer möglicher Grund für die Tat auftaucht: ein rechtsradikales Hintergrund, der auf Ausländerhass zurückgehen könnte…

Bewertung:

„Kaltes Schweigen“ ist ein toller Krimi, den ich gern gelesen habe und der auch schnell gelesen war. Dabei kann das Buch durchaus als normaler Krimi, zu dem auch Erwachsene bedenkenlos greifen können, durchgehen – dafür, dass Mats Wahls neues Roman auch ein Jugendbuch ist, spricht eigentlich nur, dass das Opfer ein Jugendlicher ist und dadurch ein Großteil der Geschichte im Jugendmilieu spielt.
Das Herausragende an Mats Wahls neuem Buch ist die Art und Weise, wie die Charaktere, allen voran Kommissar Fors, beschrieben werden. Der Kommissar ist eine äußerst sympathische Figur, denn er geht zielstrebig ans Werk, kennt aber auch Selbstzweifel (so fragt er sich immer wieder, ob er eigentlich den richtigen Beruf gewählt hat). Zwar hat Fors sein Privatleben nicht so ganz im Griff, wirkt jedoch nicht zuletzt dadurch menschlich und besitzt viel Verständnis für andere. Aber auch die anderen vorkommenden Personen sind lebensnah und treffend „gezeichnet“. Darüber hinaus erzählt das Buch eine spannende Kriminalgeschiche, die zugleich viele aktuelle Themen (Rechtsradikalismu, Mobbing, Gewalt) streift – und all das macht „Kaltes Schweigen“ so wertvoll.

Fazit:

5 von 5 Punkten – ohne Zweifel und redlich verdient… „Kaltes Schweigen“ ist eines von Mats Wahls besten Büchern und kann durchaus neben den Werken seiner erfolgreichen schwedischen Krimikollegen bestehen, wofür vor allem die brillant herausgearbeitete Figur von Kommissar Fors verantwortlich ist. Jugendliche ab 14/15 Jahren, denen es nicht nur auf selbstverliebte Action, sondern auch auf psychologische Feinheiten ankommt, können bei „Kaltes Schweigen“ ohne Zögern zugreifen. Und erwachsene Krimifans, die Nesser und Mankell lieben, ebenso.

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(Ulf Cronenberg, 14.02.2004)

Weitere Meinungen:

Leider fand ich nicht ganz den Zugang zu diesem doch sehr schwedischen Krimi. Das Gefühl beim Lesen ist ein zielloses, schwebendes. Kommissar Fors wirkt wie ein Mann ohne wirklichen Lebensinhalt. Man hat den Eindruck, die Fälle lösten sich mehr von selbst, wie nebenbei, statt durch hartes und geschicktes Analysieren und Kombinieren. Alles wirkt seltsam gedämpft, wie in Watte gepackt oder wie unter einer Schneedecke (was vielleicht besser zum Titel und Cover passt).
Auch ist das Buch gespickt mit Detailbeobachtungen, die jedoch keinerlei Funktion im Fall erfüllen, sondern nur atmosphärische, meist überflüssige Randbemerkungen darstellen und durch die sich streckenweise Längen ergeben.
Am Ende hat man zwar einen relativ spannenden Krimi gelesen, ist aber doch merkwürdig unbefriedigt. Daher erreicht das Buch wohl eher eine spezielle Teilgruppe unter den Lesern ab 14 Jahren.

(Iris Henninger)

Lektüretipp für Lehrer!

Ein spannender Krimi, den Jugendliche wie Erwachsene lesen können. Mats Wahl hat ein spannendes Buch geschrieben, das neben dem Mord auch andere Themen anspricht – v.a. Rechtsradikalismus. Das Besondere am Buch sind außerdem die interessanten Figuren – allen voran der vielschichtige Kommissar Fors. Geeignet ab der 9. Klasse.


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