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Buchbesprechung: Margaret Wild "Jinx"

Cover WildLesealter 14+(Hanser-Verlag 2003, 207 Seiten)

„Jinx“ ist das erste Jugendbuch, das von der australischen Autorin Margaret Wild auf deutsch erschienen ist – in Australien dagegen ist die Schriftstellerin keine Unbekannte mehr (zumindest wird das im Klappentext behauptet). In der Wochenzeitung „Die Zeit“ wurden dem Buch und seiner Autoren gleich hohe Ehren zuteil: „Jinx“ bekam den Luchs des Monats November verliehen und war damit nach Meinung der Jury das beste Kinder- und Jugendbuch in diesem Monat. So ein Buch liest man natürlich immer mit Spannung…

Inhalt:

Jen lebt mit ihrer Mutter und ihrer mogoloiden Schwester Grace in einem Haus – der Vater hat die Familie verlassen, weil die Mutter Grace trotz der schon in der Schwangerschaft entdeckten Behinderung nicht abtreiben wollte.
Mit ihrer Mutter hat Jen einige Kämpfe, ihre Schwester Grace liebt sie, auch wenn ihr diese manchmal auf die Nerven geht. Ihren Vater sieht Jen zwar noch regelmäßig, jedoch verachtet sie ihn, weil er die Familie sitzen hat lassen.
Jen, die viel mit ihren Freundinnen unternimmt, verliebt sich eines Tages in Charlie, der ihre Liebe erwidert. Gemeinsam unternehmen sie einige verrückte Dinge, doch bleibt Charlie irgendwie die ganze Zeit distanziert. Gänzlich unerwartet begeht Charlie kurz, nachdem er und Jen sich verliebt haben, Selbstmord; er hängt sich im elterlichen Haus auf. Jen ist ebenso wie Charlies Eltern schockiert und verstört, sie tut sich schwer, wieder Fuß zu fassen. Als dann nach kurzer Zeit ein anderer Freund von Jen ebenfalls tragisch bei einem Unfall ums Leben kommt, bekommt Jen Angst vor sich selbst. Sie meint, dass sie Menschen verhexe und ins Unglück stürze. Fortan gibt sie sich selbst deshalb den Namen „Jinx“ (was im Englischen „Fluch“ und „verhexen“ bedeutet) und lässt sich auch von allen anderen, denen Jen zum Teil auch unheimlich geworden ist, so nennen. Die Menschen ihrer Umgebung hält Jen auf Distanz, bis ihr eines Tages Pete begegnet…

Bewertung:

Margaret Wilds Jugendbuch „Jinx“ ist allein schon formal ein ganz anderes Buch als die meisten Jugendbücher, denn es ist nicht als durchgehender Text geschrieben, sondern eher in einer Art Gedichtform mit Strophen und Versen. Diese Einzelgedichte mit Überschriften erzählen jeweils die Handlung und die Gefühle aus der Sicht einer Person, wobei diese Person ständig wechselt. Mir selbst hat dieser Schreibstil sehr gut gefallen – es wird nicht alles in epischer Breite erzählt, sondern im Text bleiben inhaltliche Lücken zurück, die den Leser zum Nachdenken bringen. Diese Art Gedichtform führt auch dazu, dass man das Buch nicht schnell runterlesen kann – man wird angeregt, sich in die Personen hineinzuversetzen, denn ihre Gefühle werden durch die lyrische Sprachform sehr intensiv vermittelt. Und das ist genau das Reizvolle an „Jinx“: dass der tragische Inhalt und der Schreibstil sich so ergänzen, ohne übertrieben und künstlich zu wirken.

Fazit:

5 von 5 Punkten für dieses ungewöhnliche Buch. „Jinx“ ist keine leichte Kost zum Verschlingen – das Buch mit seinem Schreibstil und Thema erfordert geübte Leser, die jedoch mit einem gefühlsintensiven Buch belohnt werden. 14 bis 15 Jahre sollte man für dieses Buch schon alt sein – und ich nehme mal an, dass das Buch eher Mädchen als Jungen in diesem Alter gefallen wird. Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel…

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(Ulf Cronenberg, 20.12.2003)

Weitere Meinungen:

So schlimm Jens Schicksal auch erscheinen mag – Jen ist nicht die Einzige, die Probleme hat. Die Menschen um sie herum, Familie und Freunde, haben auch ihre persönlichen Schwierigkeiten: körperliche und psychische Krankheiten, Trauer, unglückliche Liebe, Einsamkeit, Komplexe sowie Probleme mit den Eltern aus verschiedensten Gründen.
Eine andere Geschichte wäre durch diese Inhalte schwer überfrachtet, doch hier gelingt es, all dies anzusprechen, und zwar hauptsächlich dank der außergewöhnlich kunstvollen sprachlichen Gestaltung. Das Buch ist geschrieben in reimlosen, freien Versen, die sich beinahe lesen wie Prosa (erinnert etwas an Robert Cormiers „Sommer in Frenchtown“). Das Buch wird auf diese Art gehaltvoll, reich an Themen, sehr vielschichtig, tiefgehend, poetisch und bildreich, aber auch so kondensiert, dass es nicht viele Worte braucht. Die Seiten sind luftig gesetzt und lassen so schon optisch viel Raum für eigene Gedanken. Es bedarf keiner Füllsel und banaler Ausschmückung. Der Text liest sich zwar sehr flott, doch wird man sich als Leser immer wieder dabei ertappen, wie man vom Buch aufblickt und seinen eigenen Betrachtungen und Überlegungen nachgeht. Deshalb ist „Jinx“ beileibe keine schnelle Lektüre für nebenbei, sondern echte Kopfarbeit.
Das Buch ist eine perfekte Abbildung des wahren Lebens, konzentriert dargestellt in der Figur Jens, doch einsichtig für und übertragbar auf jeden Leser.

(Iris Henninger)


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